Seit dem Jahr 1912 verbindet eine ungefähr 27 km lange Eisenbahnstrecke
die Städte Palma und Sóller auf der spanischen Insel Mallorca. Sie führt durch die
mediterrane Landschaft der Tramuntana-Gebirgskette, deren Eindrücken man sich bei der
gemütlichen Fahrt genüsslich hingeben kann. Gut die Hälfte der Strecke führt Richtung
Nord-Nordost aus Palma heraus, und folgt der leicht ansteigenden, aber flachen Ebene zur
Tramuntana-Gebirgskette. Hinter dem Ort Bunyola erklimmt sie die Berge und durchquert
diese mit Hilfe eines Tunnelsystems. Auf der anderen Seite des Gebirges schwingt sich die
Streckenführung in einem weiten Bogen am Bergmassiv hinunter ins Tal nach Sóller.
Es gibt im Stadtbereich von Palma de Mallorca zwei Bahnhöfe. Von dem einen fahren im
öffentlichen Verkehr moderne Züge quer über die Insel. Von dem anderen, auf der anderen
Straßenseite, fährt der Rote Blitz als Touristenzug - Tren Turistico - jeden Tag um
10:40 Uhr in einer ca. einstündigen Bahnfahrt von Palma nach Sóller. Er wird deshalb als Touristenzug
bezeichnet, weil er hoch über Sóller an einem Aussichtspunkt einen Photografierstop
einlegt, zumindest, als wir im Jahr 2003 diese Tour gemacht haben.
Es empfiehlt sich mit dem Taxi oder mit dem Bus zum Bahnhof zu fahren, weil dort
Parkplätze knapp sind. Der Bahnhof liegt am Plaza de España, an der Kreuzung Av. J.
March und Calle Eusebi Estada, hinter einem kleinen Bahnhofsrestaurant. Am Kassenschalter
bildet sich oft schon eine Stunde vor Abfahrt eine Warteschlange, obwohl der
Fahrkartenschalter erst eine halbe Stunde, manchmal auch etwas früher, vor Abfahrt
öffnet.
Roter Blitz
Die Elektrische sieht heute noch genauso aus wie 1929, nur die Technik ist im
Laufe der Jahre immer wieder modernisiert worden. Die Personenwagen sind gut erhalten und
gepflegt, sogar mit gepolsterten Bänken ausgestattet.
Ungefähr dreißig Minuten vor der Abfahrt des Zuges öffnen die Bahnmitarbeiter die
Absperrung und der Zug wird von den Wartenden gestürmt; jeder bekommt aber einen
Sitzplatz. Um 11:40 Uhr ist Abfahrt. Zuerst geht es im Schneckentempo durch die Straßen
Palmas, bevor der Zug dann an Tempo zulegt und doch recht zügig Fahrt aufnimmt.
Palma Ebene
Im Frühjahr bietet sich ein überwältigender Ausblick auf eine grüne Landschaft mit
Mandelbäumen, Olivenhainen, Zitronen- und Apfelsinenplantagen. Auf saftigen Grasflächen
wachsen große Teppiche von gelben Wiesenblumen, die mit blauen und roten Blumentupfern
durchsetzt sind. Der blaue Himmel und die wuchtigen immer näher kommenden Felsmassive der
Tramuntana Bergkette komplettierten einen unvergessenen Augenschmaus.
Knapp 3 km lang ist der längste Tunnel von insgesamt 13. Das Tunnelsystem hat eine Länge
von ungefähr 5 km.
Die Fahrt
Die Fahrt
Vor dem letzen Tunnel, oben auf einem
Berg angekommen, hält der Zug an einem Aussichtspunkt, dem Mirrador d'en Banya. Von
hier aus bietet sich ein phantastischer Ausblick auf das umliegende Gebirge und auf das
sich öffnende Tal von Sóller.
Die Fahrt
Die Fahrt hinab nach Sóller ist ein weiterer Höhepunkt dieser Reise. Sie führt an
Terrassen vorbei, auf denen gelbe
Zitronen und orangene Apfelsinen an den grünen Bäumen leuchten,
die zwischendurch immer wieder den Blick auf das näherkommende Sóller freigeben. In
einem weiten Bogen, mit dem sich der Zug am Berghang entlang zieht, wird der Bahnhof von
Sóller erreicht.
Vom Bahnhof aus fährt die Straßenbahnfahrt nach Puerto de Sóller. Die Tram hat
ungefähr 72 Sitz- und noch diverse Stehplätze und sie fährt jede Stunde. Die
Straßenbahn ist genauso alt wie der Zug. Die Zugmaschine ist mit Fenstern ausgestattet
und sieht denen ähnlich, die vor dem Krieg in Deutschland gefahren sind. Der Klingelgurt,
mit dem der Schaffner die Abfahrbereitschaft signalisiert, ist zwar kein Lederriemen mehr,
sondern nur noch ein Rollladenband, aber sonst scheint alles noch sehr original und vor
allem sehr liebevoll gepflegt. Die zwei angehängten Wagen sind offen und die Holzbänke
sind von der Seite zugänglich. Sobald die Bahn an der Haltestelle vorgefahren ist,
stürmen die Menschen die Wagen. Auch die Spanier kennen hier keine Verwandten mehr.
Familien mit kleinen Kindern sollten diese an sich pressen oder lieber eine Stunde später
fahren. Die einfache Fahrt kostet einen dreiviertel Euro pro Person.
Straßenbahn
ächzend und quietschend schaukelt die Bahn herunter vom Bahnhofsvorplatz durch die
engen Straßen von Sóller und hält auch an verschiedenen Haltestellen im Ort,
bevor es zwischen den
nach Jasmin duftenden Gärten der Bewohner von Sóller weitergeht. Eigentlich fehlen hier
Verbotschilder: Während der Fahrt ist es verboten Orangen oder Zitronen von den
Bäumen zu pflücken, so nahe zuckelt die Tram an den früchtebeladenen Bäumen
vorbei.
Ungefähr auf halber Strecke wechselt die Schienenführung auf die Hauptstraße nach
Puerto de Sóller. Hier bleibt der Blick auf die Berge, die das weite Tal umschließen.
Nach insgesamt ungefähr zwanzig Minuten Fahrt erreicht die Bahn die Bucht von Puerto de
Sóller und folgt direkt dem Ufer, welches sich in einem Halbkreis um die Bucht schwingt,
bis zur Endstation. Die Tramfahrt endet fast am Ende der Bucht in Puerto de Sóller. Die
Zugmaschine wird abgekoppelt, wechselt das Gleis und wird nach einer kurzen Zurückfahrt
wieder an den Wagen festgemacht um den Rückweg anzutreten.
Die Fahrpläne der Tram und des Zuges sind aufeinander abgestimmt. Nur die
Rückfahrtzeit des Zuges ist unglücklich gelegt. Nachdem man um 12:30 Uhr Puerto de
Sóller erreicht hat, fährt der Rote Blitz schon wieder um14:10 Uhr oder erst um 19:00
Uhr zurück nach Palma. Auf die angegebenen Zeiten kann man sich garantiert verlassen.
Offen lassen muss ich allerdings die Erklärung, warum der Zug Der Rote
Blitz genannt wird. Er ist weder rot angestrichen noch schnell wie der Blitz.
Aber auch trotz dieser Wissenslücke ist die Fahrt ein Erlebnis der besonderen Art
gewesen.
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